Samstag, 27. Juni 2009

Ein Interview zur Zukunft ...

... der WoW gibt es nun auf Gamona. Interviewpartner ist dabei Lead Designer Tom Chilton, auch bekannt als Kalgan, der sich hier zum Instanzdesign, aber auch zu anderen Aspekten äußert. Gerade die Parts zum Instanzdesign finde ich persönlich sehr interessant, da sie einige ziemlich unschöne Fragen aufwerfen bzw. eher noch vertiefen, da diese Fragen von einer großen Anzahl von Spielern schon länger gestellt werden. Wenn man sich dieses Interview durchliest und dazu die Gegenwart bzw. jüngere Vergangenheit betrachtet, sieht die Zukunft düster aus für's PvE. Warum?

Bekanntlich soll mit Patch 3.2 ja das System der Schwierigkeitsgrade für die Raidinstanzen noch einmal überarbeitet werden. Anstelle von 10ern und 25ern, in denen man die Bosse jeweils wahlweise im Freeloot-Modus oder im Hardmode angehen kann, tritt nun innerhalb jeder Größenordnung nochmal eine Unterscheidung auf: In der 10er-Instanz gibt es eine Easymode-Version und eine Heroic-Version, Gleiches in der 25er. Dafür gibt es nun keine Wahlmöglichkeiten mehr, wenn man direkt vor einem Boss steht - entweder man ist im Easymode der Instanz und spielt den dann auch, oder man ist eben in der Heroic-Variante und spielt die dann. Durch dieses System gibt es vier Ausführungen der Instanz, was im schlimmsten Falle natürlich auch bedeutet, dass man, um das Beste aus seinem Charakter herauszuholen, pro Woche die Instanz in drei oder gar vier Schwierigkeitsgraden machen muss. Aber zugegebenermaßen sah es bisher so aus, als hätte das System nicht nur Schattenseiten; schließlich fiele damit der Druck, an Hardmodes üben zu wollen aber die Instanz am Ende trotzdem leerzumachen, weg. Dies kann in Ulduar gerade bei den Hütern nervig sein, da sie zwingend erforderlich sind, um Yoggy zu erreichen, gleichzeitig aber eben auch die interessantesten Hardmodes darstellen. Außerdem könnten so in der Balance Hard- und Easymodes entkoppelt werden, da bisher Änderungen in der einen Variante oft auch negative Einflüsse auf die andere hatten.

Wenn ich mir nun aber das Interview durchlese, tun sich neue Abgründe auf, die einen die bisherigen positiven Aspekte vergessen lassen. So ist schon die Begründung für die Einführung dieses Systems ein kompletter Knaller.

Chilton:
Zunächst wird das Instanzen-System dank dieser Änderung durchschaubarer für die Spieler. Wir glauben, dass die HardModes, wie wir sie etwa in Ulduar haben, etwas zu kompliziert sind. Es gibt eben nicht überall einen großen roten Knopf wie bei Mirmiron, der den Spieler sagt: „Drück mich, dann gelangt ihr in den Hardmode.“ Daher ist es relativ schwer für uns, diese Encounter zu designen, denn wir wollen vermeiden, dass die Spieler unabsichtlich diese Hardmodes auslösen. Es wird also alles etwas klarer für die Spieler.

Da ergeben sich doch direkt zwei Fragen:
"Wie dumm sind die Designer?"
oder
"Für wie dumm halten die Designer die Spieler?"
Beide meiner Meinung nach nicht sonderlich schön. Die Vorstellung, dass jemand versehentlich einen Hardmode auslöst und dass die Gruppe auch nach mehreren Anläufen partout nicht darauf kommt, warum der Boss so schwer ist, ist schlichtweg nur noch absurd. Im Übrigen gibt es ja neben der Möglichkeit, einfach mal nachzudenken, auch noch zigtausend Seiten mit Bossguides, Foren und und und.

Geht man ein paar Fragen weiter, gelangt man zum nächsten großen Knaller bezüglich des Raiddesigns, als Chilton nach einer Einschätzung zum Schwierigkeitsgrad der Kolosseumsinstanzen gebeten wird.

Chilton:
Unsere Philosophie ist für gewöhnlich, dass die normalen Modi nicht viel schwerer als Naxxramas sein sollten. Die Hardmodes sollten hingegen sehr schwer sein – etwa wie Ulduar es im Moment ist. Die ersten Bosse sollten allerdings selbst im Hardmode nicht all zu schwer sein – später wird es hingegen schon knackig.

Gerade der erste Satz hier ließe mir die Haare zu Berge stehen, wenn sie denn lang genug dafür wären. Die Blauen hatten doch schon eingesehen, dass Naxxramas zu einfach war - warum jetzt wieder die Kehrtwende? Die Antwort findet sich nach der nächsten Frage, die eben noch einmal auf den Schwierigkeitsgrad eingeht.

Chilton:
Witzigerweise gibt es meist einen riesigen Unterschied zwischen dem, was die Spieler sagen, und dem, was wir durch interne Statistiken herausfinden. Wir haben extrem viel Feedback von Hardcore-Gilden bekommen, die sich beschwerten, dass Naxxramas zu einfach ist. Mit Ulduar haben wir es nun aber scheinbar zu weit getrieben. Durch unsere Statistiken wissen wir, dass es einen großen Abfall in den Teilnehmerzahlen im Vergleich zu Naxxramas gab. Der Großteil treibt sich immer noch bei Malygos und Kel'Thuzad herum. Es kann schnell passieren, dass wir beim Tunen über die Stränge schlagen, weshalb wir künftig unserer Philosophie treu bleiben möchten und den Normalmode so zugänglich wie möglich zu gestalten.

Dass es oft einen Unterschied zwischen Spieler-Aussagen und der allgemeinen Realität gibt, kann man dabei nicht einmal bezweifeln. Aber trotzdem macht sich Chilton hier lächerlich. Denn egal wie die Statistik in Wirklichkeit aussieht (man kann sie ja nicht unabhängig nachprüfen), zur vernünftigen Auswertung ist Blizzard offensichtlich unfähig. Natürlich treiben sich mehr Leute in Lolramas als in Ulduar herum - schließlich gibt es die Instanz auch ein halbes Jahr länger, sie wird von Twinks immer noch regelmäßiger besucht und schlussendlich ist in der Wartezeit kein geringer Anteil des potenziellen Ulduar-Publikums dank der in Lolramas an den Tag gelegten Design-Unfähigkeit weggebrochen! Im Übrigen war Ulduar nach Lolramas natürlich schwer. Warum? Weil man im T7-Content genau nichts gelernt hat. Der Boss macht einen AoE? Wayne, ich bleib einfach drin stehen. Huch, funktioniert in Ulduar ja nicht mehr. Skandal, Nerf!

Nun soll in den Normalmodes jeglicher Fortschritt offensichtlich abgeschafft bzw. so klein gestückelt werden, dass man ihn auch mit einem Elektronenmikroskop nicht mehr fände. Die Hardmodes sollen dann den kompletten Rest bedienen, von den Midrange-Raids bis hin zu den absoluten profis wie Ensidia und Co. - wie soll das bei 5 Encountern gutgehen? In einer Instanz vom Umfang Ulduars könnte das noch klappen und tut es ja allmählich auch ansatzweise, auch wenn die Lernkurve immer noch sehr steil verläuft. Aber in einer Instanz wie dem Kolosseum? Ich lehne mich mal aus dem Fenster, aber ich bin überzeugt, dass das in einem sinnvollen Rahmen nur eines ist: Unmöglich.

So wird der Raidcontent nur weiter zerstört - was eigentlich verwundern sollte angesichts der Tatsache, dass das Konzept "Raid or die" immer noch mit absoluter Konsequenz verfolgt wird. Denn außerhalb der Raids existiert nahezu nichts, was nicht nach kürzester Zeit witzlos wäre, und Neues ist auch nicht abzusehen. Gerade das Housing, was schon seit Ewigkeiten angekündigt wurde, wird wohl ein Fall wie Duke Nukem Forever. Auf die Frage, ob da inzwischen etwas in der Mache sei, gibt es nur folgende Antwort.

Chilton:
Nicht wirklich. Ich kann nur sagen, was die Gründe für die Player Housing-Problematik sind: Wir müssten mehrere Monate investieren, um es richtig zu machen. Und diese Zeit nutzen wir lieber für neue Inhalte, Balancing-Patches oder Addons.

Irgendwie ist die Antwort fast schon witzig. Die Zeit wird also folgendermaßen genutzt: Neue Inhalte, die es vor Jahren schonmal gab und die nun kostengünstig aufgewärmt werden (Hi @ Naxxramas), Balancing-Patches, die mit Balancing ungefähr so viel zu tun haben wie der Iran und eine lupenreine Demokratie, und Addons, die außer einer mehr oder weniger schönen neuen Umgebung und einer handvoll Instanzen nichts bringen. Neues schon gar nicht. Wäre ja noch kein kompletter Genickbruch, wenn man das wenigstens gut bringen würde, aber mit den Instanzen hat WotLK nahezu auf ganzer Linie versagt, v.a. im Raidbereich.
Und da wäre Housing wirklich etwas, das Vieles rausreißen könnte. Bei vernünftiger Umsetzung könnte man damit sowohl Gelegenheitsspieler (im eigentlichen Sinne) als auch Vielspieler lange mit beschäftigen und v.a. auch eine Abwechslung vom Druck in die Raidinstanzen bieten. Aber nein, stattdessen investiert man die Ressourcen ja lieber kostengünstig ins Recycling alter Inhalte. Eine langfristige Strategie sieht anders aus.

4 Kommentare:

Ezri hat gesagt…

Bei den Argumentationen zum Thema Schwierigkeitsgrad muss ich mich schütteln!

Passt aber leider hervorragend in die 180° Kehrtwende beim Markensystem.

Problem dabei: Der PTR enthält 3 Stufen T9 (vom ilvl her), woraus sich recht logisch schließen lässt auf:

10 normal < 10er Hero = 25er normal < 25er Hero.

Wozu dann noch 10er Hero, wenn das angeblich knochenschwer sein soll, aber den gleichen Loot droppt wie eine 25er, die am Ende diesem lächerlichen Naxx entspricht? Und was ist an dem schweren Ulduar so falsch außer dass es mich bei meiner durchschnittsraid leider Nerven ohne Ende kostet?

Cavalorn hat gesagt…

"versehentlich den Hardmode starten"

Dazu kann ich nur eines sagen:
LOL, you fail, hard!

Balancing für Schimpansen mit der Fähigkeit im 2sec Takt einen Knopf zu drücken, oder wie?

Unser Raid ist weder top noch oberes Mittelfeld, aber das was wir uns in den letzten Wochen (hart) erarbeitet haben gibts ab 3.2 im Abverkauf?

Ja die Lernkurve ist steil, nur wie lange bleibt andererseits die Motivation Pipi-Content jede Woche in 3h abzufarmen...

Motivation schaut anders aus und dieses Interview gibt mir noch nen kräftigen Schubs...nach unten.

Viel. sollten die für künftige Planungen nicht auf "interne Daten" vertrauen, sondern sich "Profis" wie Ensidia ins Boot holen, die scheinen mittlerweile vom Produkt WoW gleichviel zu verstehen wie die Herren Entwickler u. Designer.

CU
Cavalorn

Anonym hat gesagt…

die hardmode auslöser wegzulassen und es direkt am anfang einzustellen finde ich nen sehr gute lösung, hab mich immer schon gefragt warum es nich einfach nen switch gibt wie in 5er heros/nh. nur sollte es der selbe lockout sein.
stamm raids hätten somit wieder progress auf sunwell niveau und die gelegenheits raider puggen halt den nh modus.
ausserdem spart man entwickler zeit um sich noch nen tollen hardmode mechnismus auszudenken und bugfrei zu bekommen.

Anonym hat gesagt…

Ich find die Idee mit dem allgemeinen heromodus eigendlich klasse.
Wenn man bedenkt wie wenig Leute Naxx(old) gesehen haben. Oder Sunwell pre nerf.
Nun hat blizz die Idee wie alle Leute wenigstens die Boss mal sehen (normal Mode) und wie sich die Hardcoreraider trotzdem austoben können (heromode). Und es ist besser als die Hardmodes für einzelne Bosse.
Ich hoffe das sie das Balancing dazu noch gut auf die Reihe bekommen, weil sie somit ein uraltes Problem von WoW lösen können: Das nur 2-5% der Spieler den jeweilgen Endkontent sehen.

Ach ja: Ich halte Blizzard durchaus für fähig ihre Statistiken zu lesen. Nur weil einem das Ergebnis nicht passt heißt es nicht sie könnten das net. Die werden schon schlau genug sein jeweils die entsprechenden Zeiträume zu ermitteln. Soviel zu Kritik an Smartos *g*

Ansonsten stimm ich ihm eigendlich überein bis auf die obigen Punkt.
(Sei net immer so polemisch =P )