Sonntag, 22. November 2009

Diablo 2.5


Vor ein paar Tagen habe ich Torchlight entdeckt und mich ein wenig eingelesen. Die Website ist leider etwas lieblos gestaltet, aber die Reviews einzelner Spielewebsites und -magazine überschlagen sich.

Was soll ich sagen: Torchlight ist verdammt nah an Diablo 2 dran. Das Spielgefühl, die Items, die Steuerung. Überall hat man sich sehr dicht am immer noch unangefochtenen König des Genres orientiert. Die Grafik ist natürlich komplett 3D und stellenweise etwas bunt geraten, aber wenn man in gewohnter Manier durch die Zombies pflügt vergisst man schnell, dass dort nicht Blizzard, sondern Runic auf der Verpackung steht.

Stellt sich natürlich direkt die Frage: Wer sind Runic überhaupt?
Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch an den Hellgate: London Flop. Flagship Studios unter Leitung von Bill Roper (ehemals Blizzard) hatten eine schönes Story, ein cooles Ambiente, sich aber finanziell einfach irgendwie unterschätzt. Im Team waren damals schon einige Jungs, die mit an Diablo gearbeitet hatten. Neben Hellgate warf man Mythos zusammen (Böse Stimmen behaupten primär für Hellgate-Netzwerktests). Ein Hack'n'Slay in Richtung Diablo. Es lief eine Beta, die ich auch kurz angespielt, aber für albern befunden habe. So schien es vielen zu gehen, denn Mythos verschwand in der Versenkung. Dann auch Hellgate.

Daraufhin gründeten Travis Baldree (der Macher von Fate), Max Schaefer and Erich Schaefer (beides Gründer von Blizzard North) zusammen mit dem Mythos-Team Runic Games und beginnen mit der Entwicklung von Torchlight.

Beste Vorraussetzungen also, um die Wartezeit bis zu Diablo 3 zu überbrücken und genau das schafft das Game zur Zeit ziemlich konsequent.

Bollwerk-Battlemage?
Ich habe mir direkt den Alchimisten geschnappt, weil ich gesehen habe, dass es einen Nahkampftree gibt und ich Lust auf einen Battlemage hatte (und habe mir damit unbewusst eine absolute Offspec ausgesucht, wenn man dem offiziellen Forum trauen darf). Das Ganze spielt sich dann natürlich auch sehr paladinesque: Ember Shield aufladen, in die Gegnermasse rennen, Ember Shock entladen, Gegner sind gestunt, repeat! Viel mehr aktive Skills gibt es in einem Tree auch kaum. Zumindest fristen sie eher ein Randdasein (in meiner Spielweise): Frailty gleicht einem offensiven Warcry aus D2, Ember Phase ist der Teleport der Sorcress (Telebitch inc!) plus Stun und leichtem Damage bei Aufschlag. Mehr habe ich bis dato noch nicht gesehen (lvl20).

Langweilig … ?!
Klingt auf den ersten Blick nicht sonderlich abwechslungsreich, aber es täuscht. Die lange Castzeit von Ember Shock (Faster Cast! Faster Cast!) und die Geschwindigkeit mit der manche Gegner den Shield niederprügeln zwingen einen derweil doch zu einem gewaltigen Pot-Fest. Außerdem ist die Grafik derweil so effektbeladen (Feuer- und Elektrospells – OMG!), dass man schnell die Übersicht verliert. Auch Säulen und Wände können ab und zu irritieren. Hinzukommen allgemeine Skills, die jeder Char und das Pet erlernen kann, wie zum Beispiel Selfheal, Silence, einige Damagecasts und diverse Summons. Also weitere Knöpfchen zum gezielten Drücken.

Der Kleine an der Leine
Doch bleiben wir erstmal beim Pet, denn das hat es wirklich in sich. Im Grunde ist es die Merc-Idee aus D2 konsequent weiter gedacht. Dieser kleine personalisierte Helfer kann genau auf die Bedürfnisse des Herrchens zurecht geschnitten werden. Die zwei Spellslots lassen bei der immensen Auswahl von Supportcasts quasi keine Wünsche offen. Zur Zeit habe ich der kleinen Katze Groupheal lvl2 und lvl3 beigebracht und grinse über beide Ohren, wenn mir der Flohball regelmässig den Arsch rettet. Auch offensive Varianten mit Frostbolt und Fireball wären möglich oder der Taschennecromancer mit Skelett- und Zombie-Beschwörung.
Weitere Gimmicks des kleinen Begleiters sind ein eigenes Inventar samt »Geh mal eben in die Stadt, um den Schrott zu verkaufen«-Button und die WoW-typischen Einstellungen passiv, aggressiv und defensiv sowie drei Slots für Schmuck, um das liebe Vieh auch mit den passenden Stats zu versorgen.

Zeug und unterwegs
Man selbst kann im Übrigen vier verschiedene Extraskills nutzen.
Loot generiert sich wie bei Diablo 2 größtenteils per Zufall. Die Auswahl ist dadurch immens, so dass man beinah ständig hier und da noch ein paar Stats optimiert. Dass man jedes Item ständig gegen Bares verzaubern lassen kann wirkt als wunderbare Moneysink. Entweder man erhält ein neues zufälliges Attribut auf dem Gegenstand, nichts passiert oder das Item verliert seine kompletten Attribute. Ein Glücksspiel mit oftmals überraschendem Ausgang.

Genau wie beim Vorbild gibt es verschiedene Kategorien, von weiß (dem Standarditem), über magische Items in blau und grün, bis hin zu Uniques (orange) und Setteilen (magenta). Sockel und dazugehörige Edelsteine bringen weiteres Individualisierungspotential.

Dadurch vergisst man auch gern mal die etwas flach gehaltene Story. Zumindest bis jetzt gab es nicht wirklich Tiefgang, aber dafür sind die Tilesets der Umgebung und die Gegnerhorden sehr abwechslungsreich gestaltet.

Fazit
Alles in allem bin ich also ziemlich angetan und wieder total im Hack'n'Slay-Fieber. Während ich mich weiter durch die Level schocke warte ich gespannt auf den Multiplayermodus und natürlich Diablo 3.

Donnerstag, 19. November 2009

Try and Error

Gestern hat Blizzard ja nun das neue Procedere für die Öffnung von Icecrown bekanntgegeben - und damit einen Sturm der Entrüstung in der Raidcommunity ausgelöst. Damit hat WoW den (vorläufigen) Endpunkt einer Entwicklung erreicht, die sich inzwischen über das komplette Addon WotLK erstreckt und die ich im Folgenden ein wenig nachzeichnen möchte, bevor ich mich den neuesten Ankündigungen näher zuwende.

Mit dem Ende von BC und Sunwell fiel bei Blizzard offensichtlich die Entscheidung, dass das aus Classic und BC bekannte Raidsystem mit den aufeinander aufbauenden Instanzen nicht weitergeführt werden solle. Gerade Sunwell galt als deutlich zu hart - und war es vor 3.0 vielleicht auch, wenn man einmal die gesamte Raid-Community betrachtet. Naxxramas brach auf jeden Fall mit allem vorher Dagewesenen - der Schwierigkeitsgrad war, etwas euphemistisch ausgedrückt, unterirdisch, selbst Karazhan war vor zweieinhalb Jahren bedeutend schwieriger. "Schwierigkeit" und "Herausforderung" konnte man sich nur durch mehr oder weniger sinnlose Achievements einbauen, die am Ende in der Summe einen Protodrachen als Belohnung hätten haben können - wäre da nicht der Immortal gewesen, der vielen Raids dank Pech oder der oft bescheidenen Serverperformance verwehrt blieb. Daneben gab es im T7-Content noch Malygos, der zwar an sich nicht sonderlich schwierig war, aber aufgrund der Fahrzeugmechanik und etwas erhöhtem Koordinationsaufwand doch offensichtlich viele schon überforderte. Und schließlich war da Sartharion, das Sahnehäubchen der ersten Runde "Try and Error": Ohne Drakes ein Witz, mit drei Drachen durchaus schon hart, dazwischen durch die Kombinationsmöglichkeiten relativ frei zu variieren. Man hatte also über die Auswahl der Drakes quasi einen Schieberegler in der Hand, mit dem man Schwierigkeit und Loot frei auswählen konnte. Aber offensichtlich war dieses an sich gute System noch nicht das, was sich die Entwickler vorgestellt hatten.

Im T8-Content folgte Ulduar. In den Normalmodes anfangs mit einem durchaus ordentlichen Schwierigkeitsgrad, der meilenweit über dem von Naxxramas lag, in den Hardmodes im Gegenzug offensichtlich zu leicht, da viele schon an den ersten Tagen fielen. Also wurden sie schnell in teilweise wahnsinnige Bereiche gebufft (man erinnere sich an Hodir in 2 Minuten), während der normale Modus etwas langsamer auf ein Easymode-Niveau generft wurde. Der erste Kardinalfehler, der gemacht wurde, denn so verschwand das Phänomen der Lernkurve aus dem Spiel. Aber auch die Implementierung der Hardmodes war nicht das Gelbe vom Ei - man konnte sie durch bestimmte Aktionen anstelle des Easymodes angehen und sich dann an ihnen die Zähne ausbeißen. Dummerweise lagen alle bis auf Iron Council so, dass man die Bosse töten musste, um Yogg Saron angehen zu können - oft gab es also den Konflikt, ob man nun noch Hardmodes weiter versuchen sollte oder ob man nicht lieber zu Yogg ginge, um ihn sicher zu legen, denn so einfach war er ja vor den ersten Nerfs auch noch nicht. Dass gerade zwei der drei optionalen Bosse (Ignis und Razorscale gegenüber dem Council) keinen Hardmode hatten, ist unverständlich - gerade sie wären aufgrund ihrer Lage dafür prädestiniert gewesen. Die Hardmodes selbst hatten nun größtenteils keinen variablen Schwierigkeitsregler mehr, sondern ein quasi-binäres System: 0 für Easymode, 1 für Hardmode, dazwischen nichts. Freya, der Leviathan und Yogg Saron waren noch zu gewissen Teilen regelbar, allerdings gab es meistens nicht für jeden Schritt schon eine Belohnung außer sinnfreien Achievements.

So wurde das System für das Kolosseum, den T9-"Content", wieder umgestoßen. Nun gab es komplett getrennte Easy- und Hardmodes mit jeweils einer eigenen ID. Wollte man also alle IDs ausnutzen, musste man sich viermal durch die gleichen Bosse prügeln, zweimal im 10er, zweimal im 25er. Dabei entsprachen die Easymodes genau dieser Bezeichnung, vom Anspruch her bewegten sie sich nur knapp über Naxxramas- und unter Ulduar-Niveau. Im Gegenzug konnten die ambitionierteren Raider aber nicht direkt Hardmodes angehen - nein, sie mussten fünf Wochen warten, bis diese endlich freigeschaltet wurden, und waren in dieser Zeit gezwungen, über die Easymodes hinwegzurollen. Zusätzlich gab es nur eine begrenzte Anzahl von Versuchen, die man im Hardmode hatte - war man insgesamt 50mal gewipet, war für die entsprechende ID Schluss. Und da der Loot für den Hardmode von der Anzahl der übrig gebliebenen Versuche abhängig ist, haben wir auch hier wieder ein wunderschönes Problem: Wichtige Spieler haben einen Disconnect, woraus ein Wipe resultiert? Goodbye Tribut für diese Woche. Zudem waren die Hardmodes unglaublich einfallslos: Mehr Schaden, mehr Boss-HP etc. Also auch Koks.

Was hat sich Blizzard nun im vierten Anlauf Neues einfallen lassen? Viel. Der gesamte Post findet sich hier, ich werde in diesem Artikel nur kurz die schönsten Dinge zitieren:

"The first section that opens will include [...] encounters. Progress beyond that point will be prevented for several weeks. Then the Plagueworks will open with [...] becoming available. After another period of time, the Crimson Hall will open and you can then fight [...]. The final Frostwing Halls unlock then occurs after that, making [...] the Lich King available. We believe a staggered release of the content will allow players to experience Icecrown Citadel at a sustainable, measured, and ultimately more enjoyable pace.

[...] So players must master every normal difficulty encounter in Icecrown Citadel before attempting Heroic difficulty.

[...]Raids will have a limited number of attempts total each week to defeat the four most difficult encounters in Icecrown Citadel: [...] After a raid has exhausted their attempts for the week, the Ashen Verdict must withdraw their support and the four most difficult bosses all despawn and become unavailable for the week. The limited attempt system is a feature of both Normal and Heroic difficulty."

Außerdem soll man die Schwierigkeit, sobald die Hardmodes denn verfügbar sind, für jeden Boss im Interface einzeln bestimmen können; diese Ansage war schon länger bekannt.

Die kurze Zusammenfassung: Das Öffnen der Instanz wird sich über Wochen und Monate hinziehen, Heroic darf erst angegangen werden, wenn man die normalen Bosse besiegt hat, bestimmte Bosse haben nur eine limitierte Anzahl von Versuchen. Oder: Blizzard hat sich die Kritik aus der Vergangenheit angeguckt und genau das eingebaut, was ein Großteil der Spieler hasst. Das ist schon eine Leistung; man könnte allerdings auch vermuten, dass sie entweder alle Spieler aus WoW vertreiben wollen oder, was wahrscheinlicher ist, die Kuh einfach nur bis zum bitteren Ende melken. Denn von diesen klugen Ideen wird praktisch jede Spielergruppe in den Arsch getreten:

  • Random-Gruppen werden, selbst wenn sie nicht an ihrer häufig vorhandenen internen Wipezahl-Begrenzung scheitern, mit den begrenzten Versuchen an den vier Bossen ihre Probleme kriegen, denn die sind ja auch im Easymode vorhanden. Dafür müssen solche Gruppen sich einfach einspielen, es sind immer Flachpfeifen dabei, usw. Ähnliches gilt für die Gruppe der schwachen Raidgilden, nur noch wesentlich stärker als für gemeine PUGs.
  • Die Raidgilden des Mittelfelds werden ebenfalls hart getroffen: Zu eventuellen Problemen mit der Try-Anzahl, wobei diese weniger wahrscheinlich ist, kommt noch die Tatsache, dass sie vermutlich öfters vor einem Tor auf neue Bosse warten müssen.
  • Die guten, ambitionierten Raidgilden laufen gegen die gleiche Wand, nur schneller. Außerdem werden diese sich besonders mit den begrenzten Versuchen herumärgern dürfen, sobald es an den heroischen Modus geht.
Insbesondere die Limitierung der Versuche ist einfach nur ein Ärgernis; So muss man vor jedem Raid abwägen, wen man mitnimmt: Einen Spieler, der schon dabei war, oder soll sich jemand Anderes den Encounter auch mal angucken dürfen? Halt, wir haben ja nur wenige Fehlversuche zur Verfügung, also der Erfahrene. Hat jemand etwas häufiger Disconnects, ist nicht ganz so schnell mit dem Lernen oder spielt keine optimale Klasse? Schlecht für die Erfolgsaussichten des ganzen Raids. Von allgemeinen, serverseitigen Problemen, die in diesem Addon mit absolut jeder Instanz auftraten, fange ich lieber erst gar nicht an.

Die massiv verzögerte Freischaltung der Hardmodes ist ein weiterer Witz. Sie sind für eine ganz bestimmte Zielgruppe gemacht, die mit den Easymodes mehr als nur unterfordert ist. Und diese Gruppe wird nun für eine Ewigkeit durch die Easymodes gejagt, bevor sie mit ihrem Content anfangen kann? Kein Wunder, dass permanent Beschwerden von wegen "WoW ist facerollable" kommen - man kann die Herausforderung ja gar nicht angehen, ohne die exakt identischen Bosse schon x-mal verprügelt zu haben. Hier soll offensichtlich wieder mangelnder Content möglichst viel gestreckt werden, da es bis Cataclysm noch ein Weilchen dauern wird. Weil die Beta noch nicht in Sicht ist, kann man mit deutlich mehr als einem halben Jahr rechnen und diese Zeit muss Icecrown dann wohl auf Teufel komm raus halten. Dabei scheint es ja nicht mehr, wie noch zu Classic- oder BC-Zeiten, möglich zu sein, einfach per se anspruchsvollen Content zu fabrizieren. Stattdessen müssen künstliche Hindernisse eingebaut werden, um die Spieler bei der Stange zu halten.

Bleibt die Hoffnung, dass wenigstens ein Teil der betroffenen Spieler intelligent und entschlossen genug ist, um sich von Blizzard nicht verscheißern zu lassen, und ihnen so zeigt, dass das neue System ein noch viel dümmerer "Error" ist als alles bisher Dagewesene. Denn wenn das Beispiel WoW durch Erfolg auch bei solcher Schikane gegen die Spieler Schule macht, wird die Zukunft für Spieler ungemütlich. Dann werden Bevormundung und Gängelei zu alltäglichen Begleitern, da sie den Publishern schöne Gewinne versprechen - das Kunstwerk "Spiel" an sich, das auch WoW eine ganze Zeit lang war, wird dann Vergangenheit sein.